Aus dem Sanella-Album Australien Neuseeland

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Seite 22

"Ich habe dem jüngeren der beiden Eingeborenen vor ein paar Monaten einmal geholfen", erzählt Vater Werneburg. "Er hatte sich das Bein gebrochen und lag - es war etwa 50 Meilen von hier - mitten in der Steinwüste, unter einem Salzbusch, weit weg vom nächsten Wasserloch. Der arme Kerl hatte seit zwei Tagen keinen Tropfen getrunken. Ich schiente ihm das Bein. Zum Glück hatte ich ein Pferd zum Wechseln bei mir und band ihn darauf fest - denn reiten konnte er nicht. Das Lager der Horde war eine halbe Tagereise entfernt. Er beschrieb es mir, und ich brachte ihn dahin. Nach Sunny Lake wollte er nicht. In ihrem Lager lernte ich dann auch den Alten - einer ihrer Stammesältesten - kennen. Wenn sie euch erlauben, die Korrobori mitzumachen, dann habt ihr einen hübsch langen Ritt vor euch!"

Korrobori - die Eingeborenen vertrauen uns

Es ist soweit! Mit viel Proviant und zwei Ersatzpferden brechen wir gegen Mitternacht auf. Bei Morgengrauen - es ist empfindlich kühl! - erreichen wir das Wasserloch. Säße ich nicht im Sattel, dann würde ich einen Luftsprung machen - denn unter dem blaugrünen Eukalyptusbaum mit dem fahlgelben Stamm steht unser schwarzer Freund. Klaus lacht mir zu: "Dann kann das Abenteuer ja beginnen!" Allmählich wird es Tag. Wir scheuchen zwei Emus - große, straußenähnliche Vögel - auf, die flügelschlagend im Busch verschwinden. Nach gut zwei Stunden machen wir eine kurze Rast. Mit Zeichen und Gebärden können wir uns schon recht gut mit unserem Führer verständigen. Aber vom Reiten will er nichts wissen; denn natürlich haben wir ihm sofort eines von unseren Ersatzpferden angeboten. Er läuft lieber im Trab vor unseren Pferden her. Zur Feier des Tages hat er sich einen handlangen, runden Holzstab durch die Nase gesteckt. Als ein paar Vögel vor uns aufflattern - ich kenne sie nicht -, wirft der Eingeborene seinen Bumerang nach ihnen, das gebogene Wurfholz der Australneger. Aber er verfehlt den großen, graubraunen Vogel, und mit einem surrenden Geräusch kommt der schwere Bumerang nach einer langen Schleife zurück.

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Geschickt wird er aufgefangen. Ich habe auch einmal einen Bumerang geworfen. Er kam auch zurück. Aber als ich das sich blitzschnell herum wirbelnde Holz auffangen wollte, habe ich mir gehörig die Hand verstaucht. Es ist fast Mittag. Ich schaue nach einem schattigen Rastplatz aus. Aber nirgends ist ein Baum zu entdecken, nur Steine, Sand und hier und da Grasbüschel. Nurmi hält an und gibt uns ein Zeichen, auch zu warten. Wir haben unseren Führer Nurmi getauft-erstens, weil er so schnell und ausdauernd läuft, daß wir meistens im Trab reiten können, und zweitens, weil wir seinen Namen nicht aussprechen können. Er kniet nieder und schaut sich anscheinend irgendwelche Spuren an. Vorsichtig schleicht er dann im Geröll nach rechts. Plötzlich springt er auf und schleudert blitzschnell seinen Bumerang - und erst jetzt sehen wir eine flüchtende Känguruhherde. In großen Sprüngen hetzen die Tiere davon und verschwinden in einer Senkung. Und da kommt auch schon Nurmi strahlend mit einem kleinen Känguruh auf dem Rücken. Jetzt gibt's Mittagessen! Unter einem überhängenden Felsen finden wir sogar einen schattigen Lagerplatz. Kunstgerecht zieht Nurmi das Tier ab und zerlegt es mit] einem Messer, dessen Klinge aus einer angespitzten Flaschenscherbe besteht. Über einem schnell angelegten Feuer wird das Fleisch gebraten. Es schmeckt nicht übel - wenn auch ein bißchen! fade und trocken. Nach einem tüchtigen Schluck Wasser - auch Nurmi hat Wasser in einem kleinen Fellsack bei sich - geht es weiter. Es ist erstaunlich, wie ausdauernd der Eingeborene läuft. Wir sind doch - mit kleinen Pausen - nun schon seit dem Morgengrauen unterwegs, und noch immer zeigt er keine Müdigkeit. Dafür sind Klaus und ich aber hundemüde. Wir hängen in den Sätteln wie Mehlsäcke. Die Hitze ist hier aber auch unerträglich.

Wir werden zu Schlangenbraten eingeladen

Spät am Nachmittag sehen wir plötzlich in der Sandwüste vor uns Eingeborene. Sie kommen uns entgegen. Die Begrüßung ist! sehr feierlich und dauert endlos lange. - Die Burschen sehen toll aus. Den ganzen Körper haben sie sich mit Blutstreifen bemalt, die von der Brust bis zu den Knien laufen. Und auf die dunkelroten Streifen haben sie weiße Daunenfedern geklebt. Auch das ganze Gesicht ist mit den blutigen Daunen beklebt, nur der schwarze Bart und die blitzenden Augen sind frei. Unter einer Eukalyptusbaumgruppe an einem Wasserloch haben sie ihr Lager aufgeschlagen. Hinter den Windschirmen aus Zweigen und Baumrinde sitzen die Ältesten der Horde. Noch einmal werden wir begrüßt. "Hoffentlich laden sie uns nicht zum Essen ein!", flüstert Klausi mir mit einem ängstlichen Blick auf die Schlangen und Beutelratten zu, die am Feuer liegen.

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